Grundwasser zerstört Tempel - Neues Projekt soll helfen

Hier könnt ihr Einsteigerfragen zu Ägyptologie, Tempeln, Götter usw. stellen, aber auch zur gegenwärtigen Kultur, dem Land und seinen Menschen Stellung beziehen

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Uli
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Grundwasser zerstört Tempel - Neues Projekt soll helfen

Beitragvon Uli » So 16 Jan, 2005 17:30

Endlich geht es los mit dem Anti-Grundwasser-Programm:
http://www.news.de/222/01ekt_soll_Tempe ... retten.php

Allerdings erst mal wohl nur für Luxor- und Karnak-Tempel.
Dabei hätte es der Esna-Tempel auch mal nötig!

Bild
(Bild: Säule mit "Salzwasserrand" im Esna-Tempel)

Gruß
Uli

Dr. Karl H. Leser

Beitragvon Dr. Karl H. Leser » So 16 Jan, 2005 19:46

Hallo Uli,

das Programm ist doch steinalt. Was da angekündigt wird, ist nur eine Fortentwicklung der jahrelangen Bemühungen.

Bis jetzt hat man versucht, den Luxor-Tempel abzudichten (seitlich gegen Nilwasser, die Veränderungen an der Corniche wirst Du ja bemerkt haben), ausserdem sieht man immer wieder Scharen von jungen Mädels, von denen eine mit der Zahnbürste Salz von den Säulen abkratzt während die anderen schwatzen - das ist halt ägyptische Effektivität. Die Damen studieren wohl Restauration an der Nile Valley Universität in Luxor :shock: .

Jetzt hat man vor, künstlich das Grundwasser zu senken, in dem man es abpumpt. Dr. R. Johnson vom Oriental Institute der Uni Chikago erzählte Nauna und mir, dass das Grundwasser durch Klimaeinflüsse (durch den Staudamm scheint es wohl häufiger zu regnen) zunehmend steigt und in die Wüste vordringt - mit dem Ergebniss, dass sie jetzt schon in Medinet Habu Probleme kriegen.

Gruss, Iufaa

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Beitragvon Uli » So 16 Jan, 2005 20:00

Dr. Karl H. Leser hat geschrieben:das Programm ist doch steinalt. Was da angekündigt wird, ist nur eine Fortentwicklung der jahrelangen Bemühungen.

Das hörte sich in dem Artikel aber ziemlich neu an! (Der Artikel ist ganz frisch von heute)

die Veränderungen an der Corniche wirst Du ja bemerkt haben

:shock: Nö, hab ich nicht gemerkt!
Allerdings sind wir diesmal auch gar nicht da lang geschlendert sondern mit dem Bus bis zum Tempel vorgefahren.

ausserdem sieht man immer wieder Scharen von jungen Mädels, von denen eine mit der Zahnbürste Salz von den Säulen abkratzt während die anderen schwatzen

Die Mädels hab ich allerdings gesehn :-D

mit dem Ergebniss, dass sie jetzt schon in Medinet Habu Probleme kriegen.

Oh nein!!!

Na wollen wir mal hoffen, dass das alles was nutzt. Und dass sie so viele Tempel wie möglich retten können.

Gruß
Uli

Daniel Jackson
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Beitragvon Daniel Jackson » So 16 Jan, 2005 21:41

Wo wir mal wieder bei den Einflüssen des Assuandammes wären, die nicht umbedingt so erwartet worden sind...
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Karnak
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Beitragvon Karnak » Mo 17 Jan, 2005 09:44

Wenn man aber wirklich mal längerfristig geplant hätte, dann wäre es möglich geweesen das voherzusehen. Steigendes Grundwasser ist doch wohl ein Punkt den man schon vorher absehen kann... aus Erfahrung bei anderen Staudämmen z.B.
Interessant wird es auch dann werden, wenn der ganze Nilschlamm der sich am Damm ansammelt diesen irgendwann verstopft... Aber sicher arbeiten sie auch daran schon, oder ??? :wink:

Gruss, Karnak

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Beitragvon Daniel Jackson » Mo 17 Jan, 2005 19:01

in'shalla

:roll:
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Dr. Karl H. Leser

Beitragvon Dr. Karl H. Leser » Mo 17 Jan, 2005 19:57

Hi Karnak,
Steigendes Grundwasser ist doch wohl ein Punkt den man schon vorher absehen kann...


Es ist immer sehr einfach, solche Behauptungen aufzustellen. Dummerweise gibt es keine Modelle, mit denen man so etwas sicher "hochrechnen" kann. Darüber hinaus, wieviele Staudämme dieser Größenordnung gibt es bei vergleichbaren geologischen Gegebenheiten.
Neben bemerkt, steigt das Grundwasser nicht nur, weil jetzt relativ gleichmäßig viel Wasser den Nil runterkommt, sondern es regnet häufiger, und die Bewässerung wurde erhöht.

Das "Problem" setzt sich also blöderweise aus mehreren Komponenten zusammen, die einzeln abzuschätzen immer noch nicht möglich ist. Als man den Staudamm gebaut hat, gab es keine Modellen, mit denen man die klimatischen Änderungen entlang des Niltales auch nur hätte grob skizzieren können.
Ebensowenig konnte man damals die Entwicklung der Landwirtschaft vorhersagen - man sollte einfach nicht vergessen, wie und wann dieser Damm zustande gekommen ist. Die meisten, die hier (in der westl. Welt) "tolle Vorschläge" haben und schon "immer wussten", was da alles schief gehen würde, schwammen da noch als zukünftige Reserve im Teich. Wenn man sich mal ansieht, wie sich die Vorhersagen zu Waldsterben und Klimaveränderungen in den letzten 30 Jahren permanent verändert haben, kann niemand erwarten, dass damals jemand an adverse Effekte gedacht hat. Die wollten einfach genügend für ihre Menschen ernten, etc..

Gruss, Iufaa

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Beitragvon Uli » Mo 17 Jan, 2005 20:12

Dr. Karl H. Leser hat geschrieben:Wenn man sich mal ansieht, wie sich die Vorhersagen zu Waldsterben und Klimaveränderungen in den letzten 30 Jahren permanent verändert haben, kann niemand erwarten, dass damals jemand an adverse Effekte gedacht hat. Die wollten einfach genügend für ihre Menschen ernten, etc..


Nene, auch damals wußte man schon von den Gefahren und es gab auch genügend Leute, die vor diversen Dingen gewarnt haben. Problem ist nur, dass die Verantwortlichen weggehört haben. Genauso wie die Amis derzeit weghören und null für die Umwelt tun.
Vermutlich behaupten die auch in 30 Jahren: "Das konnte man doch gar nicht absehen damals, da war man doch gar nicht so weit"

Mit dem Staudamm war es auch nicht anders: Es gab ein teures Angebot für den Staudamm, das tatsächlich das Nilschlamm-Problem berücksichtigte. (Man hatte sich also tatsächlich damals schon mehr Gedanken gemacht, als nur eine Mauer aufzustellen)
Problem war nur, dass die Russen zu den Ägyptern sagten: "Wir können Euch das Teil viiiel billiger bauen." Und schon wurde die billige Variante gebaut. Und heute will keiner was gewußt haben....

Gruß
Uli

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Beitragvon Karnak » Mo 17 Jan, 2005 20:44

Dr. Karl H. Leser hat geschrieben:Die wollten einfach genügend für ihre Menschen ernten, etc..


Aha. Das erklärt natürlich die Kurzsichtigkeit. Bild

Ich will doch niemanden anklagen. Ich denke nur, dass schon einige die Folgen zumindest "erahnen" konnten. Allerdings wusste man wohl nicht, wie schnell das gehen wird.

Gruss, Karnak

Dr. Karl H. Leser

Beitragvon Dr. Karl H. Leser » Mo 17 Jan, 2005 21:21

Problem war nur, dass die Russen zu den Ägyptern sagten:


ne, Uli, das fiel komplett in die Geschichte "Kalter Krieg" nach WKII, hast Du den Sozialismus unter Nasser völlig vergessen? Dann schau Dich bei Gelegenheit auf der Philae-Insel rum - als ich das letzte Mal dort war, rostete immer noch ein DDR-Bagger da rum.

Ansonsten, ich würde gerne mal die Papiere aus der damaligen Zeit sehen, auf denen quantitative Abschätzungen über die Auswirkungen des Staudammes stehen.

Im übrigen, was soll der Seitenhieb auf die USA? Der Staudamm ist ein Produkt der "sozialistischen Freundschaft" - die haben doch immer behauptet, alles für die Menschheit zu tun. Es nutzt wenig, immer nur auf den USA rumzuhauen - wir haben hier eine eigene Nase, da können viele gleichzeitig anfassen.

Gruss, Iufaa

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Beitragvon Karnak » Mo 17 Jan, 2005 22:07

Dr. Karl H. Leser hat geschrieben:Ansonsten, ich würde gerne mal die Papiere aus der damaligen Zeit sehen, auf denen quantitative Abschätzungen über die Auswirkungen des Staudammes stehen.


Ich denke nicht, dass es dafür schriftliche Belege gibt. So kann hinterher niemand sagen: Siehste - ich hab`s doch vorausgesagt.

Im übrigen, was soll der Seitenhieb auf die USA?


Der bezog sich doch in diesem Fall nur auf den Umweltschutz. Und da muss ich Uli recht geben. Die USA klinken sich da völlig aus.

Der Staudamm ist ein Produkt der "sozialistischen Freundschaft" - die haben doch immer behauptet, alles für die Menschheit zu tun.


Das verstehe ich jetzt nicht so ganz.

Es nutzt wenig, immer nur auf den USA rumzuhauen - wir haben hier eine eigene Nase, da können viele gleichzeitig anfassen.


Die USA sind mir schnuppe, obwohl man wirklich Grund hätte auf denen rumzuhauen. Ich denke das zu diskutieren führt hier zu weit. Es geht ja auch ausschließlich um Umweltschutz und auf dem Gebiet sind die nicht gerade vorbildlich. Wenn wir uns an die eigene Nase packen wird das Ozonloch über den USA auch nicht kleiner, oder? Wenn doch, bin ich sofort dabei.

Gruss, Karnak

Dr. Karl H. Leser

Beitragvon Dr. Karl H. Leser » Mo 17 Jan, 2005 22:30

Hi Karnak,

Ich denke nicht, dass es dafür schriftliche Belege gibt. So kann hinterher niemand sagen: Siehste - ich hab`s doch vorausgesagt.
es gitb auch keine, die waren damals nicht interessant, aber es ist ein beliebtes Mittel in der Diskussion, so zu tun, als ob die damals nach heutigen Standards gearbeitet hätten.

Das verstehe ich jetzt nicht so ganz.
das ist der gleiche überflüssige Seitenhieb, nur in die andere, östliche Richtung. Komischerweise verstehen den deutsche Linksliberale nicht - blind?

Das Problem bei einer solchen Diskussion ist, dass es leicht ist, mit den Standards zu argumentieren, die heute üblich sind. Ein wenig relativierendes Denken würde uns allen durchaus helfen.

Gruss, Iufaa
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Beitragvon Karnak » Mo 17 Jan, 2005 22:43

Dr. Karl H. Leser hat geschrieben:Hi Karnak,
es gitb auch keine, die waren damals nicht interessant, aber es ist ein beliebtes Mittel in der Diskussion, so zu tun, als ob die damals nach heutigen Standards gearbeitet hätten.


Ich habe nie nur den Maßstab von heute angesetzt. Niemand kann sagen wir stauen riesige Wassermassen auf und das bleibt ohne Folgen. Auch nicht zu der Zeit als man den Damm baute. Sicher wurde das Für und Wider erläutert. Vielleicht hatte man nicht so viele Erkenntnisse wie heute, aber ein wenig müssen die auch ihr Handwerk verstanden haben.

das ist der gleiche überflüssige Seitenhieb, nur in die andere, östliche Richtung. Komischerweise verstehen den deutsche Linksliberale nicht - blind?


Ich sehe alles aus meiner Sicht, eben so wie ich denke das es für mich logisch klingt. Ehrlich gesagt weiss ich nicht einmal was Linksliberal überhaupt ist.

Karnak

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Beitragvon Daniel Jackson » Di 18 Jan, 2005 15:33

Um mal die einzelnen Fakten abzuklappern:

Man hat sicher eine Kosten-Nutzen-Analyse gemacht. Sowas berücksichtigt auch Vor- und Nachteile eines solchen Staudammes.

Es ist gut möglich, dass die Auswirkungen auf die Umwelt nicht in dem Maße berücksichtigt würden, wie man es heute hätte erwarten können. Man braucht nur mal nach China zum Drei-Schluchten-Projekt schauen, da warnen Viele vor dem Umweltschäden, das wirtschaftliche Interesse ist aber größer. Also sind Umweltauswirkungen auch heute nicht immer das wichtigste Entscheidungskriterium.

Rein logisch hätte man jedoch auch nach damaligem Wissensstand vermuten können, dass eine derart große Wassermenge Auswirkungen auf das Klima hat. Das Problem dabei war vermutlich nur, dass nur unsichere Prognosen und Abschätzungen möglich waren, wobei auf der anderen Seite massive wirtschaftliche Interessen standen.

Auch heute ist es leider so, dass man im Zweifelsfall oft nicht vorsichtig handelt, sondern bei unsicherer Datenlage oft den wirtschaftlich (kurzfristig) besseren Weg geht und ein Projekt startet, obwohl kaum mehr zu revidierende Schäden auftreten können.

Zu bedenken ist weiterhin: Ohne den Assuandamm müsste eine Menge Energie anders erzeugt werden. Wie Ägypten das angegangen hätte mag ich nicht beurteilen, aber man hätte wohl kaum zur damaligen Zeit die Wüste mit Solarzellen zugepflastert.

Fazit bleibt:
Vermutlich werden damals auch schon einige Nachteile erahnt worden sein, die allerdings mit den Vorteilen nicht mithalten konnten. Wie sich das Land ohne den Damm entwickelt hätte kann man heute sowieso nicht sagen, weshalb die ganze Diskussion zwar interessant, aber im Endeffekt nutzlos ist. (Keinesfalls als Beleidigung der Diskutierenden gedacht!!!)

Interessant wäre doch mal, über Möglichkeiten zu diskutieren, die negativen Auswirkungen zu mindern. Den meisten von uns wird zwar das Fachwissen fehlen, aber mit gesundem Menschenverstand kann man schon eine Menge erreichen.
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Beitragvon Karnak » Di 18 Jan, 2005 16:26

Bild

Ich wusste doch man kann darüber auch reden, ohne gleich mit politischen Begriffen zu hantieren.

Ich hab mir mal Gedanken gemacht, ob die Frauen mit den Zahnbürsten im Luxor-Tempel wirklich denken, dass sie was sinnvolles tun? Ich hab immer so den Eindruck die machen sich lustig über das Geschrubbe.

Bild


Gruss, Karnak