Gestern gesehen: "Tutanchamun - Das goldene Jenseits&qu

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nebtaui
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Gestern gesehen: "Tutanchamun - Das goldene Jenseits&qu

Beitragvon nebtaui » Sa 26 Mär, 2005 15:20

Salam!

Gestern also mit vier besichtigungswilligen Familienmitgliedern nach Bonn gerauscht. Ich hatte einige Wochen zuvor noch telefonisch nach zu erwartendem Füllungsgrad der Ausstellung gefragt, denn nichts ist unangenehmer, als mit eher überschaubarer Körpergröße auf dutzende von Hinterhäuptern statt auf spannende Funde zu starren. "Neee ... kommen se ma ruhig. Nicht viel los. Anmeldung ist nicht erforderlich."
Nun gut. Also ohne weiteres Zutun einfach losgedüst.

Angesichts der schieren Menschenmassen vor Ort sind die Mundwinkel denn doch nach unten gerauscht; kurz nach 11 Uhr dagewesen und Einlass für 13 Uhr gelöst. Naja. Bei geschickter Aufteilung in der mir bekannten, großzügigen Kunsthalle stand für mich noch nichts zu befürchten.

Fleitepiepen, wie wir in Westfalen sagen.
Alles brechend voll, sehr schlechte Luft und trotz aller Willensanstrengung ließen sich wohl so manche Schweißdrüsen nicht mehr an ihrer Tätigkeit hindern. Kurz gesagt: suboptimal. :(

Dem ambitionierten Besucher boten sich einige hochrangige, wunderschöne Stücke. Viele der hübschesten Uschebtis in exzellenten Ausführungen habe ich (wieder-) gesehen und die bekanntesten und schönsten Pektorale und andere Schmuckstücke wurden präsentiert. Die Highlights wie beispielsweise der innerste Sarg und die Maske fehlten komplett und auch der etwas abstrahierte Nachbau der Grabkammer konnte nur noch den begeistern, der bereits im Original stand.
In der vorab gereichten Ausstellungsbeschreibung fanden sich ebenso wie in der Fachliteratur Hinweise auf den Effekt, daß weder die Stücke noch die gehabte Geschichte um sie und ihren ehemaligen Besitzer so recht ohne jede Kenntnis der Familiengeschichte zu würdigen wären. Übergekommen ist dieser Hinweis jedoch bei den Besuchern gar nicht. So häuften sich Klagen über angebliche "Füllstücke", die man wohl wegen der mickerigen Anzahl der eigentlichen Tutanchamun-Funde "dazugestellt" hätte. Fehlanzeige, aber wie sollte das der Laie, der Nicht-Experte im Kopp auch zusammenkriegen! Es kostete mich literweise Spucke und Geduld, letztlich nicht nur eigene Familienmitglieder gerade in der Ausstellungs-"Echnaton"-Ecke darüber aufzuklären. Nach vielleicht zehn zu diesem Thema gesprochenen Sätzen schalteten tatsächlich viele Besucher ihr Audiophon ab und lauschten eher meinen Ausführungen, weil ich das thematische Schwergewicht genau auf diesen Punkt legte. Zustimmung nickend vergrößerten sie den Pulk, den ich ohnehin schon hinter mir her zog. Vielleicht lags aber auch an meiner nur wenig trockenen Präsentation; ich verfüge über reiche Gestik, Lautstärke und wohl unterhaltsamen Aufbau des Stoffes, den ich vermitteln will.:roll:

Nach Auskunft des innerfamiliären Publikums wurden sämtliche Umstände im Nachhinein schwer kritisiert, und bei diesen Leuten (mein Elfjähriger, unsere Große, 21, ihr Freund, Geschichtsleistungskurs im Abi und meine durchaus ambitionierte Mutter) handelte es sich um gutwillige Besucher. Sie alle bestätigten, wertvolles und interessantes gesehen und auch für sich mitgenommen zu haben, waren aber ob des Fehlens der menschheitsgeschichtlich herausragenden Stücke tatsächlich enttäuscht.

Mein persönliches Fazit: ich bin dankbar, dass es Bonn gelungen ist, diese Ausstellung noch zu organisieren und habe mich gefreut, einige "alte Bekannte" wiederzusehen. Besonders begeistern konnte ich mich für die sich spontan zusammenfindenden Clübchen und Grüppchen, die mit großem Engagement dort weiterdiskutierten, wo die Beschreibungen der einzelnen Stücke endeten. Die Stimmung unter den Besuchern war wirklich toll und der Löwenanteil aller schien ebenfalls dankbar dafür zu sein, noch ein Auge auf die Stücke werfen zu können, bevor sich die Tore des Ägyptischen Museums für immer hinter ihnen schließen.

Für den, der erstmals auf Tuchfühlung mit dem alten Ägypten gehen wollte, wird die Ausstellung eine Enttäuschung gewesen sein.
Schade. :?

Nebtaui
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