Hunderte Ägypter protestierten am Dienstag gegen die jüngste Entscheidung, subventioniertes Brot zu rationieren. In Alexandria, Minja, Desouk und andern Städten und im Arbeiterviertel Imbaba in Kairo kam es zu Demonstrationen.
In den sozialen Medien verbreiteten sich die Bilder aus Alexandria, wo Hunderte Demonstranten skandierten: „Wir wollen essen, wir wollen Brot“. Protestierende blockierten zeitweise die Zuggleise in Alexandria und zwischen Kairo und Minja. Die Unruhen wurden in den sozialen Medien als „Intifada“ bezeichnet.
Wie der ägyptische Minister Ali Mosehly am Montag bekanntgab, wird die Zahl der subventionierten Brotlaibe, die jeder Brotkartenhalter pro Tag erwerben kann, von fünf auf drei gekürzt. Mosehly hatte sein Amt im letzten Monat bei einer Kabinettsumbildung übernommen, nachdem es zu einer ernsten Zuckerversorgungskrise gekommen war. Mosehly klagte, das Subventionsprogramm für Brot sei mit 28 Millionen Dollar im Monat zu teuer.
Nach der Ankündigung von Montag weigerten sich immer mehr Bäckereien, die Brotkarten aus Papier zu akzeptieren, und bestanden darauf, das Brot nur an Besitzer von Smart-Karten aus Plastik abzugeben. Diese sind aber für die Armen nur schwer erhältlich. Außerdem wurde die Anzahl der subventionierten Laibe, die an jeder Abgabestelle verfügbar sind, von 1500 am Tag auf 500 reduziert.
„Die meisten Familien in armen Gegenden haben nur Papierkarten. Wir versuchen seit Jahren, die elektronischen Karten zu bekommen. Aber dafür musst du das zuständige Personal bestechen“, erklärte ein Demonstrant namens Montaser Awad einem Reporter von Middle East Eye. ...
... Das Brotsubventionsprogramm ernährt in Ägypten dutzende Millionen Arme und Arbeiter. Der für das Programm notwendige Weizen hat Ägypten zum größten Weizenimporteur der Welt gemacht. ...
... Die soziale Krise wird durch Ägyptens tiefste Wirtschaftskrise seit mehr als zehn Jahren noch verschärft. Die Inflation erreichte im Januar fast dreißig Prozent, fünf Prozent mehr als Ende 2016. ...
... Die heutigen Proteste erinnern an die viel größeren Brotunruhen, die im Januar 1977 ausbrachen. Damals hatte Präsident Anwar al-Sadat die Subventionen für Mehl, Reis und Speiseöl gestrichen, um einen Kredit von der Weltbank und dem IWF zu erhalten. Daraufhin stiegen die Lebensmittelpreise um fünfzig Prozent. Als hunderttausende Arbeiter auf die Straße strömten, schritt die Armee ein und unterdrückte die Proteste. Es gab achtzig Tote, achthundert Verletzte und Tausende Verhaftungen.
Gruß, Lutz.