Kreuzfahrt Schiff ist im Roten Meer versunken?

[Miriam]

Das ägyptische Fernsehen meldet, dass sich 1414 Menschen aus folgenden Ländern an Bord der Fähre befunden haben:

1158 Ägypten
99 Saudi Arabien
4 Palestina
1 Sudan
1 Canada
1 Oman
1 Emirate
6 Syrien
93 Crew (ohne Angabe der Nationalität)

Da fehlen dann nach meiner Rechnung immer noch 50, aber das ist ja auch erst mal egal. Waren auf jeden Fall zuviele

Laut den Verantwortlichen vor Ort in Safaga wurden bis zum jetzigen Zeitpunkt ca. 300 Menschen lebend gerettet. Die Zahl der geborgenen Toten wird mit 158 angegeben.

Anscheinend wird die Suche trotz Dunkelheit fortgesetzt. Hoffen wir, dass entgegen aller Vermutungen doch noch viele Lebende gerettet werden können.

lg Miriam

[Tursiops]

@ Daniel Jackson

Danke für deine Worte! Andere aus dem Forum, die meinen, ich würde an das Unglück zu analytisch und mit zu wenig Mitgefühl für die Opfer herangehen, mögen bitte einbeziehen:
Ich lebe an der Küste, kenne einige Seelotsen hier und weiß von denen, was teilweise durch den Kanal schippert bzw. manchmal schippern will, aber vorher an die Kette kommt.
Ich war bei der Marine und habe einige Jahre beruflichen Kontakt mit einer renommierten Werft und deren Ingenieuren gehabt.
Ich habe jahrelang selbst ein Tauchschiff in der Ostsee gehabt und weiß, wie grausam die See sein kann bei Schlechtwetter. Eine Nachtfahrt bei Starkwind, bei der man die Höhe der anlaufenden Welle nicht sehen kann, ist schrecklich!
Auf meinem Rechner habe ich eine weltweite Seekarte, ferner auch einen AIS-Zugang (Schiffsmeldungen fast weltweit).

Seht mich also bitte nicht als herzlos an, sondern als den nautischen Zuarbeiter für euch.

Ich befürchte, dass aus der vermutlich schnell sinkenden Fähre ohnehin nur wenige herausgekommen sind, und selbst bei den guten Schwimmern unter ihnen arbeitet bei ca. 20 Grad Wassertemperatur die Zeit gegen sie. Und wer mal in einem SAR-Hubschrauber saß und versuchte, in aufgewühlter See einen Menschen zu entdecken, der weiß, wie fast aussichtlos das ist, erst recht bei Dunkelheit.

In diesem Sinne

Jo

[Bes]

Seht mich also bitte nicht als herzlos an, sondern als den nautischen Zuarbeiter für euch.

Genauso sehe ich Dich! Danke, dass Du, bei all dem Entsetzen, die Fakten im Auge behälst und diese hier darstellst.

In diesem Sinne
Bes

[bint_hathor]

Eine Weile will man immer noch nicht wahrhaben, was passiert ist. Aber so langsam müssen wir es wohl glauben... schrecklich. Mein Mitgefühl für alle Betroffenen! Und mein Unverständnis für alle, die solche Seelenverkäufer nochmal auf den Weg schicken und unzählige Menschenleben damit riskieren!
Traurige Grüße,
bint_hathor

[Juno]

Auch wenn deine Vermutung ("Seelenverkäufer") u.U. berechtigt sein mag, dennoch Vorsicht mit Schuldzuweisungen, solange man noch so wenig weiß. Die Süddeutsche online berichtet am frühen Nachmittag:

"Unklar ist nach wie vor, was den Brand an Bord des Schiffes ausgelöst hatte. Einige Überlebende berichteten, das Feuer sei auf dem Autodeck entstanden, andere erzählten, die Flammen hätten aus der Maschine geschlagen, wieder andere sagten, Reisende hätten mit Gaskochern an Bord Essen zubereitet."

[Daniela2]

Noch ein paar Links zum Thema:

http://www.faz.net/s/RubB08CD9E6B087466 ... ezial.html

http://de.news.yahoo.com/04022006/286/p ... ypten.html

[Daniel Jackson]

Hier die Meldung des staatlichen State Information Service:
http://www.sis.gov.eg/En/EgyptOnline/Po ... 005909.htm

Präsident Mubarak hat eine Condolenzbotschaft an die Familien der Opfer verfasst, die ebenfalls beim SIS nachzulesen ist.
http://www.sis.gov.eg/En/EgyptOnline/Po ... 005910.htm

[Tursiops]

Moin,

Dank an Daniel Jackson für den Link zu SIS. Jetzt wird es immer eigenartiger!

Die Fähre legt um 19.30 in Duba ab und lief mit einer Geschwindigkeit von 12 Knoten = 22 km/h auf Westkurs. Die Position des Rettungsbootes mit 3 Schiffbrüchigen wird mit 100 km westlich von Duba angegeben, also war sie um ca. 00.30 dort.

Warum fängt dann das entgegenkommende Fährschiff "St Catherine" schon um 22.30 einen Seenotruf auf? Da war die Fähre erst 36 Seemeilen = 67 km von Duba entfernt. Gab es da eventuell schon das Feuer auf dem Autodeck und die haben versucht das Feuer zu löschen, während sie mit unverminderter Fahrt weiterfuhren?

Der Funkverkehr endete laut SIS als Auskunft der Reederei an die Hafenbehörde in Safaga um 04.00.

Frage 1: Was hat der für die Funkanlage Verantwortliche diese 3,5 Stunden lang gemacht?

Frage 2: Warum hat die "St Catherine" keine Hilfe geleistet?

Frage 3: Wusste eventuell die Fährbesatzung nicht einmal, wo genau ihre Position ist?

Frage 4: Hatten die kein EPIRB (Seenotbake, die man bei Seenotfall über Bord wirft und die dann schwimmend 24 Stunden per Satellit weltweit die Notposition funkt)?

Von wegen Seelenverkäufer: Ausrüstung mit EPIRB, GMDSS-Funk (übermittelt auch Position und Grund der Notfallmeldung) und ggf. INMARSAT C ist heute eigentlich weltweiter Standard. Entweder hatten sie es nicht an Bord oder sie hatten es und niemand konnte es bedienen.

Die Havarieursache scheint ja nun klar zu sein: Feuer im Autodeck, dann so viel Löschwasser (hirnlos) reingepumpt, dass bei der ersten Welle alles Wasser auf eine Seite schwappt. Das zusammen mit der Schwerpunktverlagerung nach Aufstocken der drei Decks war das Ende für 1000 Menschen!

Jo

[Tursiops]

Ergänzung dazu aus unserer heutigen Tageszeitung:

"Im privaten ägyptischen Fernsehsender Dream TV sagte ein ägyptischer Spezialist für Schiffssicherheit, dass in Ägypten vieles auf dem Papier stünde, was in der Praxis nicht vorhanden sei. Jedes Schiff sei eigentlich mit einem EPIRB (Emergency Position Indicating Radio Beacon) ausgerüstet – ein Gerät, das sich automatisch einschaltet, wenn es mit Salzwasser in Berührung kommt, und dann ein SOS-Signal aussendet. „Dieses Gerät existierte entweder gar nicht oder war kaputt. Es hätte die Lage dramatisch verbessert“, lautete die Schlussfolgerung von Kapitän Montasser Sukkari."

Und das Unglücksschiff war nicht mal unter ägyptischer, sondern panamesischer Flagge.

Und Bestätigung meiner Vermutung:

"Zugleich begann die Suche nach den Schuldigen. Dabei entstand dieses Bild: ein veraltetes Schiff, eine schlecht ausgebildete Besatzung, ein inkompetenter Kapitän – und eine viel zu spät angelaufene Rettungsaktion.
Nach Aussagen der Überlebenden war die „Al Salam Boccaccio 98“ nur 30 Kilometer von ihrem Abfahrtsort, dem saudischen Hafen Duba, entfernt, als ein Feuer an Bord ausbrach. Was folgte, war eine grobe Fehlentscheidung. Der Kapitän entschloss sich trotz des Feuers, zu seinem Zielort, dem fast 250 Kilometer entfernten ägyptischen Hafen Safaga, weiterzufahren."

Wie kommt ein Kapitän nur auf diese Schwachsinnsidee! Hat der sein Patent im Lotto gewonnen?

Jo

[Gast]

All das hilft den Ertrunkenen und den übriggebliebenen Familien leider nicht mehr!!

Gruß conny

[Tursiops]

Conny, du hast Recht, aber vielleicht bewahrt die Diskussion ja einige, ihren Fuß auf solche Müllcarrier zu setzen!

Hier noch ein sehr deutlicher und informativer Link:

http://www.web01.de/artikel-Al-Salam_Boccaccio_98.html

Meine Seekarte sagt: Tiefe ca. 1000 m und mitten drin in der tiefsten Rinne.

Hat eigentlich mal ein nautisch Kundiger geguckt, wie das bezüglich Sicherheit, Rettungsmittel etc. bei den unzähligen Nilschiffe aussieht? OK, wenn ich rauskomme, kann ich da an Land schwimmen.

Jo

[Conny-BS]

Hallo Jo,
du hast recht "was das hier angeht". Ganz toll wäre, wenn das einer der Herren, die mit diesen Nussschalen ihr Geld verdienen, lesen und ins Hirn aufnehmen würde. Träume sind etwas wunderbares!!

Realität:
Aber die Menschen vor Ort haben nicht immer, eher NIE die nötigen Mittel um zu sagen: Nö, auf diesen Seelenverkäufer geh ich nicht, ich nehm was anständiges. Sie müssen die billigste Möglichkeit nutzen.

Ich werde in kürze wieder unten sein und hoffe das ich keine Familie besuche/n, treffe, (ich weiß nicht wie ichs ausdrücken soll) die ihren Ernährer verloren hat. Das ist hier schon schlimm, aber in Egypt, das blanke Elend.
LG conny

[Daniel Jackson]

Hallo Jo!

Danke für Deine weiteren Ausführungen. Conny hat zwar Recht, dass das den betroffenen Leuten jetzt nicht hilft, aber man muss so einen Unfall ja analysieren, um daraus zu lernen.

Die Sicherheit der Nilschiffe sehe ich weniger kritisch, denn das Ufer ist nie weit weg und der Nil ist auch nicht so tief, dass man mit einem sinkenden Schiff irgendwo in den Tiefen verschwinden könnte...

[Tursiops]

Moin,

ich dachte bei den Nilschiffen auch eher an so etwas wie ein in den unteren Decks ausbrechendes Feuer, Vorhandensein und Funktionsfähigkeit von Rauchmeldern, ggf. Sprinklern, Alarmgebern in Kabine oder Gang.

Es ist ja nicht anzunehmen, dass ein Nilkreuzfahrer nach GL-Vorschriften gebaut ist und überall wo möglich flammhemmendes oder flammwidriges Baumaterial hat.

Nil nicht so tief: Stimmt. Aber wenn so eine schwimmende Riesenzigarrenkiste mal absäuft, kommst du tauchend mit Sicherheit nicht mehr raus, dann reichen auch 4 m Tiefe.

Ich persönlich halte mich grundsätzlich auf keinem größeren Schiff länger in tieferen Decks auf, ohne mir vorher den Rettungsweg einzuprägen, und ich sehe mir auch die Lasching der Rettungsinseln an. Und auf Tauchsafaris habe ich grundsätzlich ein tragbares, voll aufgeladenes UKW-Seefunkgerät dabei, weil ich im Notfall schon den grob zusammengehäkelten Bordstromnetzen misstraue. (Das gibt zwar so manche Extrafrage beim Check-In, aber bisher wurde es immer akzeptiert.)

Jo

[Daniel Jackson]

Das ägypt. Parlament verlangt eine harte Bestrafung der Verantwortlichen des Fährunglückes.
15 Militäreinheiten sind weiterhin auf der Suche nach Vermissten und Toten.

Quelle: SIS, 07.02.06
http://www.sis.gov.eg/En/EgyptOnline/Po ... 005921.htm