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TV-Tipp: Samstag 24.01. - arte: Die Reise der Königin Teje

Verfasst: Sa 17 Jan, 2004 20:28
von Uli
Dokumentation · 51 MIN · VPS 20.45

Die aus Eibenholz gefertigte Portraitstatue der ägyptischen Königin Teje (14. Jahrhundert vor Christus) wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts ausgegraben und nach Deutschland gebracht. Anhand dieser Büste führt die Dokumentation ein selten behandeltes Kapitel der deutschen Geschichte: den Kolonialismus der Archäologen.

Dokumentation, Deutschland 2003, ZDF, Erstausstrahlung Von: Viola Shafik



Bei den alten Ägyptern galten Statuen als Repräsentanten im Dies- und Jenseits, Vertreter vor Göttern und Menschen, Gehilfen auf der Reise durch die Unterwelt. Sie glaubten daher, dass die aus Stein und Holz geschlagenen Abbilder in der Lage seien, das Ka, die Schattenseele des Menschen, zu tragen. Wegen ihrer Kunstfertigkeit und ihrer zum Teil äußerst kostbaren Materialien übten diese Plastiken auf die Nachwelt eine unglaubliche Anziehungskraft aus; und so kam es, dass seit dem Altertum Grabräuber, Kunstsammler und Eroberer die Schätze Ägyptens unermüdlich gesucht, gehortet und außer Landes gebracht haben. Dies war auch das Schicksal des wunderschönen, lebensnahen, aus Eibenholz gefertigten Porträt-Köpfchens der Königin Teje, das heute im ägyptischen Museum in Berlin steht. Es stammt aus der Amarna-Epoche und ist eines der herausragendsten Beispiele alt-ägyptischer Holzbildhauerkunst. Es zeigt eine gealterte Teje, große königliche Gemahlin von Amenophis III, dem wichtigsten Pharao der 18. Dynastie. Teje war außerdem Mutter des berühmten religiösen Schwärmers Echnaton, dem Begründer der Amarna-Zeit und Schwiegermutter der Nofretete. Bis heute streiten sich die Gelehrten u.a. anhand der Berliner Plastik, ob man Teje bereits zu Lebzeiten als Göttin verehrte. Das Teje-Köpfchen wurde Anfang des 19. Jahrhunderts in der Oase Fayum von Bauern ausgegraben und an einen Antiquitätenhändler weitergegeben, der sie dann dem deutschen Archäologen Ludwig Borchardt verkaufte. Dieser wiederum erwarb sie im Auftrag des Berliner Baumwollhändlers und Kunstmäzens James Simon. Borchardt untersuchte die Figur erst gründlich und übergab sie dann Simon. Dieser behielt Teje lange Jahre in seinem Haus. Sie erregte so großes Aufsehen, dass Simon dem archäologisch interessierten Kaiser Wilhelm II einen Abguss schenkte. 1920 schließlich vermachte Simon Teje dem ägyptischen Museum in Berlin, das derzeit auf der Museumsinsel in Ost-Berlin untergebracht war. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Köpfchen mit anderen Kunstwerken aus dem Neuen Museum evakuiert, von den Allierten Truppen sichergestellt, nach Frankfurt und Wiesbaden transportiert, später nach West-Berlin überführt. Seit den 90er Jahren stellte die Museumsdirektion intensive Forschungen an, veränderte sein Erscheinungsbild und schickte es dann auf eine Reihe von Sonderausstellungen durch Europa und die USA. "Die Reise der Königin Teje" streift das Leben der historischen Teje nur am Rande. Sie handelt vielmehr von einer Reise nach dem Tod. Dabei führt die Dokumentation durch ein selten behandeltes Kapitel deutscher Geschichte, den Kolonialismus durch Archäologie. Sie bietet Einblicke in die deutsche Museumsarbeit seit dem 19. Jahrhundert, bindet dabei das Interesse der Museen und ihrer Mäzene, sowie der deutschen Herrscher ganz allgemein an der Archäologie in das damalige politische Weltgeschehen ein. Damit rückt der Film nicht zuletzt die Geschichte und fragwürdige Legitimation musealer Sammlungen im Westen in ein neues Licht.
(Quelle: www.arte.de )

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