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Sisis Dauerclinch mit den Islamischen Theologen

Verfasst: Mi 10 Mai, 2017 06:33
von amunrakarnak
" Sisis Dauerclinch mit den Islamischen Theologen " (derStandard.at - Gudrun Harrer, 09.05.2017)


Kairo/Wien – "Sie machen mich fertig", soll Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi einmal entnervt zum obersten Geistlichen des Landes, Al-Azhar-Großscheich Ahmed al-Tayyeb, gesagt haben. Tatsächlich befinden sich die beiden – und ihre Institutionen, Präsidentschaft und theologische Schule – in einem Dauerclinch. ...

... Die tausend Jahre alte Al-Azhar, die als wichtigste sunnitische theologische Institution weltweit gilt, widersetzt sich staatlich verordneter Reform und Reglementierung. Zur Debatte standen in den letzten Monaten etwa die Abschaffung des männlichen Rechts der nur mündlich ausgesprochenen Scheidung, die Vorgabe der Inhalte der Freitagspredigten durch den Staat und die Beschränkung des Kreises von Personen, die Fatwas (islamische Rechtsgutachten) erstellen dürfen. ...

... Al-Azhar-Großscheich Tayyeb entließ (nämlich) den Chef der Al-Azhar-Universität, Ahmed Hosni Taha, nachdem dieser einen Reformtheologen als "vom Islam abgefallen" bezeichnet hatte. Dieser, Islam al-Beheiri, hatte unter anderem kritisiert, dass Al-Azhar auch Inhalte lehre, die den Extremismus rechtfertigen und fördern. ...

... Tayyeb weist zwar die Vorwürfe Beheiris scharf zurück, dass die Al-Azhar-Studierenden an der Hochschule radikalisiert werden. Nach seinen eigenen Regeln konnte er aber nicht anders, als seinen Uni-Chef zu entlassen. Al-Azhar lehnt die unter Extremisten gängige Praxis, einen andersdenkenden Muslim zum Apostaten [Ablehner der verlassenen Religion als solche] zu erklären, streng ab. Hosni Taha hatte genau das mit Beheiri getan.

Allerdings führt das auch dazu, dass Al-Azhar auch nicht, wie von ihr immer wieder verlangt – zuletzt nach dem Massaker an Kopten am Palmsonntag -, den "Islamischen Staat" als abgefallen erklärt. Der IS sei wie die frühislamische radikale Gruppe der "Khawarej", so die Al-Azhar-Scheichs: Verbrecher, aber noch immer Muslime, denn sie würden sich zum Glauben an Allah bekennen. Tatsächlich ist das ja ein viel interessanterer und herausfordernder Ansatz als die übliche vereinfachende Aussage, dass jihadistische Terroristen allesamt keine Muslime seien – mit denen sich der Islam in der Folge auch nicht auseinandersetzen muss. ...


Gruß, Lutz.

Verfasst: Di 16 Mai, 2017 06:58
von amunrakarnak
" Kairo : Erstmals Prozess wegen Christentums-Beleidigung erwogen " (KATHPRESS, 15.05.2017)

... Der Präsident der Universität, Scheich Ahmed Hosni Taha, prangerte in einer TV-Sendung den kritischen Islamwissenschaftler Islam al Behairy als "Abtrünnigen" an.

Behairy hatte u.a. die von der Universität veranstaltete Friedenskonferenz als "Komödie" bezeichnet - in Weiterführung seiner Kritik an der sunnitischen Universität, die er seit Jahren als Bastion veralteter Denkweisen darstellt. Behairy war im Jahr 2015 zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Im Dezember des Vorjahrs kam er durch einen Gnadenerlass von Präsident al-Sisi frei. ...

... Im weiteren Verlauf des Interview attackierte Behairy Al-Azhar-Großimam Ahmed al-Tayyeb, weil er bei der Friedenskonferenz die postmoderne Ideologie und den Waffenhandel als Hauptgründe des Terrorismus bezeichnet hatte. Das bedeute, dass die Person, die als erste den "religiösen" Terrorismus bekämpfen müsse, nicht einmal die Ursachen seiner Existenz kenne.

Noch schärfer ging Behairy generell mit den Lehrinhalten von Al-Azhar ins Gericht: "Ich weiß nicht, ob der Großimam sich dessen bewusst ist oder nicht, aber die Bücher, die an seiner Institution gelehrt werden, lassen keine andere Interpretation als die Aufhetzung zur Gewalt zu. Leider sind diese Interpretationen nicht verfehlt." Denn der Terrorismus sei "direkt mit unserer Lehre verbunden, mit einer Auffassung, die auf die Zeit vor tausend Jahren zurückgeht", so Behairy: "Ich wünsche mir, dass sich der Großimam dafür entschuldigt, und für das, was die Muslime im Mittelalter und in der Moderne angerichtet haben." Der kritische Wissenschaftler forderte, dass Al-Azhar die Bücher verschiedener Imame aus dem Mittelalter zurückzieht, die als Erbe des wahren Islam verkauft werden: "Denn das, was in diesen Büchern steht, ist genau das, was die IS-Terroristen wörtlich und bis zum letzten Beistrich in die Praxis umsetzen." ...

Gruß, Lutz.