Bezahlen auf dem Nilschiff

Fragen und Tipps zu Nilschiffen, Ausflügen und sonstigen Besonderheiten bei Nilkreuzfahrten (keine Nennung von Veranstaltern / Anbietern)

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Uli
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Beitragvon Uli » Sa 16 Dez, 2006 21:11

Mike Rumpf hat geschrieben:Ich denke, ich habe in einem sachlichen, respektvollen Tonfall geschrieben. Deshalb enttäuscht es mich, dass Du hier auf Polemiken wie "Dummschwatz" und "Profilneurose" zurückgreifst.


Respektvoll wem gegenüber?

Hier einige Zitate:

MR: Auch wenn meine Rechnung ebenfalls spekulativ ist, zweifele ich deshalb an einer gerechten Verteilung des Trinkgeldes. Ich traue der Bande von Reiseveranstaltern kein Deut über den Weg. Große Menschenfreunde sind das garantiert nicht.

Mike: Mir fehlt es wirklich am Glauben dass das Geld sinnvoll und gerecht eingesetzt wird. Dafür habe ich mit Reiseleitern/-veranstaltern einfach schon zu viele schlechte Erfahrungen gemacht.

Mike: Kann sein, dass die auch beim LE von der Gesamtsumme sehen, aber sicher wird sich die TUI-Tanten und -Herren auch was einstecken. Und sorry, die muss ich eigentlich nicht mitfinanzieren.

Tursiops: Und einheimische Reiseleiter/Tourguides sind vermutlich bei denen auch nur ein kleines Rädchen am großen Wagen: 30 % der Tips an die Org zahlen, 20 % selbst behalten, Rest nach Goodwill an die Besatzung verteilen (wobei natürlich wiederum dezente Zuwendungen des Besatzungsmitgliedes wie freies Essen und Trinken seinen Anteil erhöhen).


Ich weiß nicht ob sich die Reiseleiter und TUI-Tanten da respektvoll behandelt fühlen, wenn sie das lesen.

Damit möchte ich weder Dir noch jemand anderen diese Fahrt madig machen.

Wenn ich den Leuten mit derartigen Äußerungen zu verstehen gebe, dass sie auf einer Nilkreuzfahrt eh nach Strich und Faden nur betrogen werden, auf dem Schiff eingesperrt werden, keine einheimischen Gerichte bekommen, etc., dann kann ich das manch einem schon so ziemlich madig machen. Und wenn das dann auch noch Aussagen von Leuten sind, die von der Materie Null Ahnung haben, dann ist ja wohl verständlich, dass mir auch mal der Kragen platzt, oder?

Wie gesagt, wenn Kritik aus selbst erlebtem resultiert, dann soll sie auch ausgesprochen werden.
Also her damit liebe Nilkreuzfahrt-Reisende.

Gruß
Uli

PS: Wo bitte habe ich was von Dummschwatz geschrieben?

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harissa
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Beitragvon harissa » Sa 16 Dez, 2006 23:48

@ Uli

Hallo, wo ist denn das nette StiftungWarentest - Bild von gestern Abend geblieben?
Sah ziemlich gut aus. Bei Deinem Beitrag von gestern Abend steht gar nicht dabei, das er editiert wurde. Sieht man das bei Admin´s nicht?


Gruß Harissa

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Beitragvon Uli » So 17 Dez, 2006 04:39

Hi Harissa,

aah, jetzt weiss ich wo das mit dem Dummschwatz her kommt, lach.
danke für den Hinweis.
habe mich nämlich in 2 Beiträgen ausgetobt:
http://www.isis-und-osiris.de/isisosiri ... 1&start=30

Mein Beitrag wurde nicht editiert und das hübsche Schild ist in dem anderen Beitrag ;)
Ich editiere meine Beiträge nicht nachträglich und: doch, man würde sehen wenn ich das getan hätte.

Gruß
Uli

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Beitragvon Mike Rumpf » So 17 Dez, 2006 14:40

@Uli

Ich habe mit meinen von Dir zitierten Äußerungen bzgl. der Reiseleiter sicher über das Ziel hinaus geschossen. Im nachhinein würde ich sie gerne entschärfen, weil mir nach Nefertitis Erklärung natürlich auch einiges klarer geworden ist. Nicht zuletzt habe ich leider auch nicht deutlich genug gemacht, dass dies nur eine Vermutung und keine Behauptung von mir war. Deine "Zitat-Sammlung" verschweigt allerdings allerdings auch meine zweite Vermutung mit den Hungerlöhnen, die sich ja nun offenbar als zutreffend erwiesen hat, völlig. Ich empfinde es als absolut beschämend, wenn Unternehmen aus Europa, USA etc. den Angestellten keinen der Arbeit angemessenen Lohn zahlen. Hier würde mich schon interessieren, wie Du darüber denkst.

Wenn ich den Leuten mit derartigen Äußerungen zu verstehen gebe, dass sie auf einer Nilkreuzfahrt eh nach Strich und Faden nur betrogen werden, auf dem Schiff eingesperrt werden, keine einheimischen Gerichte bekommen, etc., dann kann ich das manch einem schon so ziemlich madig machen. Und wenn das dann auch noch Aussagen von Leuten sind, die von der Materie Null Ahnung haben, dann ist ja wohl verständlich, dass mir auch mal der Kragen platzt, oder?


Wenn der Eindruck entstanden sein sollte, dass ich dies so in diesem Extrem meine, dann tut es mir Leid. Ich sehe Nilkreuzfahrten kritisch und für mich wäre das nichts - das stimmt schon. Wenn ich hier Dinge hinterfrage, dann geht es mir aber in erster Linie darum, bestimmte Sachverhalte näher zu ergründen, den ein oder anderen unbedarften Urlauber ggf. ein bisschen zum Nachdenken anzuregen. Zu welchen Ergebnissen jeder dabei kommt, ist doch seine/ihre Sache. Ich habe hier doch keinen Boykott-Aufruf gestartet. Sollte dabei jemand seine Urlaub-Idylle zerstört oder in Frage gestellt sehen, tut es mir leid. Aber ich finde schon, dass wir uns schon einmal mit den Folgen, Problemen des Massentourismus auseinander setzten sollten. Davor kann man doch nicht einfach die Augen verschließen. Dass es Dir auch am Herzen liegt, zeigt doch Dein erschreckendes Bild mit dem Kaugummi im Reiseforum. Vielleicht liegen wir da doch gar nicht so weit auseinander?

Ich war deshalb über Deine Reaktion enttäuscht, weil Du mit dem "Dummschwatz"-Bild und der "Profilneurose" quasi alles als Blödsinn abqualifizierst, was ich schreibe - zumindest ist der Eindruck bei mir entstanden. Und das greift in meine Augen dann doch viel zu kurz und wird dem ernsten Thema nicht gerecht.

Noch ein paar Worte zu meinen Kritikpunkten zu den Kreuzfahrten, bei denen ich das Gefühl habe, dass sie auch missverstanden wurden. Natürlich wird niemand auf einem Nilkreuzfahrtschiff mit Schlüsselwegschmeissen eingesperrt. Ich würde mich trotzdem eingesperrt fühlen, weil ich mich nicht frei bewegen könnte, auf die Preise & Angebot auf dem Schiff angewiesen wäre. Dabei geht es auch darum, dass die Ablegezeiten des Schiffes auch eine natürliche Grenze für eigene Unternehmungen darstellen. Ob nun alles Abzocke auf dem Schiff ist, kann ich nicht beurteilen. So ein Pauschalurteil möchte ich mir auch gar nicht erlauben. Zumindest die Touren in bestimmte Shops mit Provisionen für die Reiseleiter oder nicht realistische Preise für Getränke würden mich schon sehr stören (und haben mich bei organisierten Fahrten nach Kairo/Luxor vor einigen Jahren auch sehr geärgert). Die meisten Reisenden haben damit natürlich kein Problem, weil sie nicht wissen, wie teuer etwas wirklich sein sollte. Da freut man sich eben, wenn es ein paar Cent billiger ist als in einem Deutschen Restaurant. Das war bei mir damals in Hurghada ja auch nicht anders.

Und meine Äußerung mit dem Koshari war wirklich nicht so fürchterlich ernst gemeint. Natürlich kriegt man einheimische Speisen auch auf den Schiffen. Aber dennoch empfinde ich es schon als aufregender, in einer einheimischen Garküche als einzige Touristen zu sitzen als das Koshari (oder was auch immer?) an Bord des Schiffes im Speiseraum unter vielen anderen Urlaubern zu essen. Die Äußerung war deshalb eher symbolisch gemeint.

Und natürlich haben Nilkreuzfahrten auch viele Vorzüge, aber die stehen doch auch schon zu genüge in den Reisekatalogen, oder?

Gruß,
Mike

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Beitragvon Uli » So 17 Dez, 2006 17:45

Hallo Mike,

erst mal möchte ich auch mal ein Mißverständnis ausräumen.
Ich habe natürlich nicht alles kritisiert, was von Dir und Jo geschrieben wurde. Ich bin davon aus gegangen, dass dies durch die kleine Zitatsammlung deutlich wurde. Sollte das nicht der Fall gewesen sein, tut es mir leid.

Natürlich bin ich auch gegen Ausbeutung und Geschäftemacherei auf Kosten der Ägypter. Wenn es denn tatsächlich so sein sollte.
TUI und Co sind nämlich nicht so wirklich die, die die Angestellten bezahlen, sondern dies sind die Ägypter selber. Beispiel:
Phoenix bietet Reisen nach Ägypten an. Es sieht zwar immer so aus, als wären die Reiseführer, Busfahrer etc. bei Phoenix angestellt, in Wirklichkeit gibt es jedoch ein ägyptisches Unternehmen namens Memnon, das die komplette Betreuung der Reisenden übernimmt. Die bezahlen dann auch ihre Angestellten. Genauso läuft das meines Wissens nach bei TUI, OFT, etc.
Das Schiff für die Nilkreuzfahrt wird von der Reisegesellschaft gechartert, das bedeutet, es gibt einen festen Preis, der bezahlt wird und die Reederei bezahlt die Besatzung. Das eingesammelte Trinkgeld ist somit keine Aufstockung des Gehalts, da dieses aus einer ganz anderen Kasse stammt.

Ich will damit nicht sagen, dass das alles Engelein sind, aber es ist auch nicht alles schwarz-weiß und so einfach, wie man sich das in seiner Phantasie so ausmalt.

Und nun noch mal zum Trinkgeld und zu diesem Zitat von Dir:
Zumindest die Touren in bestimmte Shops mit Provisionen für die Reiseleiter


Es ist richtig, die Reiseführer (freiberuflich, dafür dass sie studiert haben ein erschreckend geringes Gehalt) bekommen Provision, wenn man in bestimmten Shops was kauft. Damit bessern sie ihr Gehalt auf, was ich ihnen nicht verdenken kann, ich würde das auch machen. (Reiseleiter bekommen übrigens für die gebuchten, fakultativen Ausflüge Provision)
Wie das auf diesen Tagesfahrten von Hurghada aus abläuft gefällt mir auch nicht. Ich würde das als Kaffeefahrten bezeichnen.
Auf der Nilkreuzfahrt verhält sich das ein wenig anders (zumindest war es bei meinen Reisen bisher so, mag sein, dass es auch da schwarze Schafe gibt).
Die Fahrten zu Juwelier, Papyrus-Museum, Parfümerie oder Alabaster-Fabrik wurden uns immer freigestellt. Das bedeutet, wenn die Besichtigungen für den Tag beendet waren fragte der Reiseführer, ob man noch Interesse an so was hätte. Wenn es Interessenten gab fuhr der Bus da hin, wenn nicht ging es sofort zurück zum Schiff. Gab es Interessenten, wurden die zum Verkaufsort gefahren und die Leute, die dann gar nicht mit wollten, die wurden sogar direkt zum Schiff zurück gefahren, so dass sie nicht warten mussten. Und zwar nicht nur wenn mehrere nicht mitwollten. Wir sind sogar schon mit 2 :!: Personen zurückgefahren worden!
Also sag mir, wo da ein Zwang ist.

Und jetzt mal zu diesem und zum Thema Trinkgeld:
Meines Erachtens gibt es viele Leute, die zum ersten Mal nach Ägypten fahren und einen regelrechten Kulturschock bekommen. Aufdringliche Händler, schmuddelige Straßen, bettelnde Kinder, etc.
Diese Leute fühlen sich auf dieser ersten Reise schrecklich unwohl, wenn sie auch nur kurz vor die Tür gehen, weil sie sofort bedrängt werden von Taxifahrern, Kaleschenfahrern und wenn sie es dann bis zu einem Laden schaffen vom Verkäufer, der sie nicht wie in Deutschland gewohnt gucken lässt.
Auch wenn Du das vielleicht nicht glauben magst: Diese Leute finden erst bei diesen Verkaufsfahrten die Ruhe sich etwas anzuschauen und Geschenke für die Daheim geliebenen zu kaufen.
Und dann ist noch jemand da, der ihnen beim Handeln hilft, nämlich der Reiseführer, der aufpasst dass sie nicht bedrängt oder übers Ohr gehauen werden.
Ich denke, ich kann die Preise inzwischen ein wenig beurteilen und ich habe auch diesmal diese Verhandlungen beobachtet. Der Reiseführer sagt ganz klar, wenn etwas zu teuer ist, er motzt den Verkäufer auch mal in arabisch an, wenn der versucht den Touri übers Ohr zu hauen, etc. Natürlich sind die Preise in den Papyrus-Instituten anders als auf dem Basar. Aber wenn ein seriöser Reiseführer dabei ist, dann sind das ein paar Pfund, die der Touri aber gerne zahlt, damit er in Ruhe einkaufen kann.
Schwarze Schafe gibt es überall, aber ich möchte aufgrund meiner Erfahrungen vor Pauschalisierungen warnen.

Und genauso verhält es sich beim eingesammelten Trinkgeld.
Mal als Beispiel: Wenn am Ende der Tour nicht irgendein Touri aus der Reisegruppe für den Reiseführer Trinkgeld sammeln würde, würden schätzungsweise nur die Hälfte der Gruppe überhaupt ein Trinkgeld geben. Genauso verhält es sich mit dem Zwangs-Trinkgeld. Is leider so.

Und das zweite Argument: Touris auf Nilschiffen schliessen ihr Geld in den Safe, weil sie keins brauchen. Trotzdem werden sie nicht böse angeguckt, wenn sie kein Trinkgeld geben, denn die Angestellten kriegen ja ihr "Zwangstrinkgeld". Dass man dann am Ende trotzdem noch ein Trinkgeld gibt freut die netten Angestellten natürlich auch sehr, denn damit wird ihnen am Ende der Reise gezeigt: "war klasse Dein Service, prima aufgeräumt" etc.
Und das ist das schöne auf so einer Fahrt: Alle sind super freundlich auch wenn sie nicht dauernd zwischendurch was in die Hand gedrückt bekommen.
Unangenehmes Beispiel auf unserer Nilkreuzfahrt letzte Woche: Der Zimmerboy hatte ein Figürchen aus Handtüchern gebastelt und stand jetzt da in unserer Kabine und ging einfach nicht mehr. Weil wir ihn ja nicht rausschubsen wollten (anders wär der vermutlich nicht gegangen) drückten wir ihm 5 Pfund in die Hand. (Ich muss dazu sagen, wir hatten am Tag vorher schon ein Scheinchen aufs Bett gelegt.)
Der guckt auf den Schein und guckte so böse, dass ich ihm den am liebsten wieder aus der Hand genommen hätte. Ich vermute mal er hatte eher einen 5-Euro- Schein erwartet, eben weil viele Touris kein Maß kennen.

Und das ist die andere Seite der Medaille: nämlich die, die mit Geld um sich schmeissen.

Aber mal ganz ehrlich: Wie kann man sowas in den Griff bekommen?
Ich glaube jedenfalls nicht indem man die Reisegesellschaften verteufelt, weil sie Trinkgeld-Sammlungen machen. Denn damit erreicht man nur, dass die, die eh keinen Bock haben Trinkgeld zu geben sich im Recht fühlen, wenn sie diese "Zwangszahlung" verweigern. Und Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass die dann hingehen und mehr Leuten als ihrem Lieblingskellner und dem Zimmerboy ein Trinkgeld geben. So eigenständig und menschenfreundlich sind die Touris nun leider auch nicht ;)

Einen hab ich noch:
Ich würde mich trotzdem eingesperrt fühlen, weil ich mich nicht frei bewegen könnte, auf die Preise & Angebot auf dem Schiff angewiesen wäre.

Nochmal: das bist Du nicht. rein theoretisch brauchst Du an Bord gar nichts kaufen. Auf der Nilkreuzfahrt bucht man immer VP. Das bedeutet nur die Getränke muss man bezahlen. Wenn Du dadrauf also keinen Bock hast, gehst Du einfach in den nächsten Laden in Luxor, Esna, Kom Ombo oder Assuan (die Schiffe liegen nämlich täglich irgendwo vor Anker) und deckst Dich mit selbstgekauften Getränken ein. Und wenn Du die in den Kühlschrank in deiner Kabine stellst sagt kein Mensch was.

Einer ist mir noch eingefallen:
Aber ich finde schon, dass wir uns schon einmal mit den Folgen, Problemen des Massentourismus auseinander setzten sollten. Davor kann man doch nicht einfach die Augen verschließen.

Natürlich nicht. Aber was wäre, wenn es die großen Reiseunternehmen nicht geben würde, die die Horden von Touris durch die Tempel schleift?
a) eine wichtige Einnahmequelle des Landes wäre weg, weil die meisten nicht individuell reisen wollen (Angst, Bequemlichkeit, Unsicherheit)
b) Ich stelle mir gerade vor, wie es wäre, wenn so einige Leute, die ich so in diesen Pauschalreise-Gruppen erlebt habe, alleine durch Ägypten ziehen würden. :shock:
Die wären doch einerseits verloren, die würden übers Ohr gehauen bis zum geht nicht mehr. Und andererseits würden die doch ein viel schrecklicheres Bild abgeben, als wenn sie jemand (der Reiseführer z.B.) bremst oder anleitet. Ich sehe bei dieser Vorstellung Horden von kurzhosigen Deutschen durch Theben-West ziehen, die vom Taxifahrer erst mal zu Papyrusmuseum, Alabasterfabrik und zu sich nach Hause gefahren werden bevor sie überhaupt an irgendeinem Tempel angekommen sind und dafür dann noch 50 Euro Taxigeld bezahlen.
Ist vielleicht ein bißchen übertrieben, aber ich denke der Pauschaltourismus hat schon seine Berechtigung. Dass es dabei auch Ausbeutung gibt, ist leider nicht zu vermeiden, da es eben auf der ganzen Welt schlechte, geldgierige Menschen gibt. Leider gibt es gerade in Ägypten viel Betrug und Unterdrückung. Und die kommt nicht unbedingt nur von den Ausländern, sondern auch von den Einheimischen.

So, jetzt hör ich aber auf. Erst mal genug fürs erste.
Du siehst an der Länge des Beitrags, dass ich durchaus an einer sachlichen Diskussion interessiert bin. Vermutlich wird es auch jetzt wieder Proteste hageln, aber das ist ja auch ok. Ich weiss, dass ich bei vielen Dingen vielleicht viel zu positiv denke (das Glas ist bei mir meistens eher halbvoll statt halbleer ;)), aber so bin ich nun mal.
Ich entschuldige mich daher schon mal vorab, wenn ich vielleicht ein bißchen zu unkritisch schreibe. ;)

Gruß
Uli

Mike Rumpf
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Beitragvon Mike Rumpf » Mo 18 Dez, 2006 00:04

@Uli

Vielen Dank für Deinen langen, aber lesenswerten Beitrag. In vielem bin ich - manch einer mag sich nach Lesen des Threads wundern - voll Deiner Meinung. Insofern möchte ich ich voran schicken, dass ich vielem gar nicht widersprechen möchte. Dennoch möchte ich auf ein paar Dinge noch näher eingehen:

Allgemein zum Tourismus:

Der Massentourismus in Ägypten ist zweifellos ein komplexes, vielschichtiges Problem. Klar, das Land ist auf den Massentourismus als wichtigste Einnahmequelle und Arbeitsplatzgeber angewiesen. Ohne ihn geht es nicht. Es wäre keine Alternative. Deshalb kann es auch nicht um ein kategorisches Nein zu Nilkreuzfahrten, Hotelurlauben am Roten Meer etc. gehen. Die Folgen für das Land wären dramatisch in einem Ausmaße, wie wir es uns kaum vorstellen könnten. Bereits die Zeit in der Folge der terroristischen Anschläge war für viele Ägypter, die vom Tourismus leben, geradezu verheerend. Nein, Ägypten braucht den Tourismus, ich meine aber einen sanften Tourismus. Ein ungestört wuchernder Massentourismus ist das andere Extrem, das meiner Meinung nach auf lange Sicht nicht weniger verheerend sein wird - nur auf eine andere Art und Weise.
(Konflikte, die aus Neid, dem Kontrast zwischen arm und reich enstehen, aber auch aus dem Zusammenprall zwischen Tradition und Moderne)


zur Trinkgeldproblematik:

Ich habe inzwischen auch ein wenig weiter über die Nilkreuzfahrten nachgedacht . Auch wenn es mir am Anfang der Diskussion nicht klar war, bin ich inzwischen alleine darauf gekommen, dass die Reiseveranstalter vermutlich mit Reedereien zusammenarbeiten, die dann wiederum ihre Angestellten auf den Schiffen bezahlen (schön, dass Du diesen Aspekt ebenfalls ansprichst). Das hat natürlich einen entscheidenden Vorteil: In Tourismus-schwachen Jahren (z.B. nach einem Anschlag) kann man ganz schnell die Aufträge an Reedereien zurückziehen, ohne selber finanziellen Schaden daran zu nehmen. Wenn wir hier über die Verantwortung der Reiseveranstalter und Billiglöhne diskutieren, können diese als Rechtfertigung die Verantwortung ganz schnell auf die Reedereien schieben. Das ist in einem kleinen (vergleichsweise harmlosen) Maßstab, dasselbe Prinzip, welches in Sweatshops vorherrscht. Große internationale Firmen beauftragen kleine (NoName)-Firmen, um ihre Markenkleidung unter Ausbeuter-Löhnen und unmenschlichen Arbeitsbedingungen herzustellen. Wird nach sozialer Verantwortung bzw. Menschenrechten gefragt, schiebt man das bequem auf die Zulieferfirmen ab.

Hier nun meine Theorie:
Ich fürchte, dass ein ähnliches Prinzip (ebenso fragwürdig, aber natürlich bei weitem nicht so extrem) bei dem Nilkreuzfahrten vorliegt. Wie die Restaurants sind die Reedereien an Knebelverträge mit den Reiseveranstaltern gebunden. Wer aufmuckt, wird nicht mehr gebucht. Die Konkurrenz ist groß. Die Konditionen in den Verträgen sind aber so erbärmlich, dass für die einfachen Angestellten auf den Schiffen kein ausreichendes Gehalt übrig bleibt. Eine Lösung ist notwendig. Da das Reisegeschäft ebenfalls einem knallharten Preiskrieg unterliegt und die Unternehmen naturgemäß auf Gewinnmaximierung aus sind, sind diese nicht bereit mehr zu zahlen.
Was also machen? Und da kommt das Wochentrinkgeld ins Spiel. Es wird dringend benötigt, damit die Angestellten für ihre Arbeit ein einigermaßen anständiges, angemessenes Gehalt bekommen. Bliebe es aus, würde sich der Job vermutlich kaum lohnen, bzw. hoffnungslos unterbezahlt sein.
Die Gehaltslücke wird vom Urlauber einkassiert und mit entsprechenden Vorreden zur moralischen Pflicht erhoben. Würde sich die Masse der Reisenden nun weigern zu zahlen, würde das ganze schöne Prinzip auseinander brechen, woran aber natürlich zuoberst das Personal zu leiden hätte.

Könnte das der Wahrheit nahe kommen? Was meint ihr? Nefertiti, was denkst Du darüber?

Viele Grüße,
Mike

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Beitragvon nefertiti » Mo 18 Dez, 2006 07:57

Hallo Mike!


Deine Theorie stimmt fast mit der Wirklichkeit überein.

1) Die Reiseveranstalter setzen die Reedereien sehr unter Druck. Die Saison nimmt ab und es sind zu viele Schiffe unterwegs. Die Verträge sind beinhart und es gibt kein Entrinnen. Ich kenn einen Ordner (Schiffsbesitzer von drei Schiffen) und kenne daher auch die Situation.

2) Aber ganz unschuldig sind die Reedereien auch nicht dabei. Wenn ein Reiseveranstalter ein Schiff chartert, dann gibt es meistens Jahresverträge und ob Gäste kommen oder nicht, die Reederei bekommt immer das Geld egal ob gefahren wird oder nicht.

Es ist alles wie eine Spirale.

Die Reederei verdient sowie der Reiseveranstalter!!!!!

Geht der Tourismus noch weiter zurück, dann wird es sicher problematisch werden.

Bezüglich den Shops: Es sind zwar viele Touristen wieder in Ägypten, aber zur Zeit nur "Billigurlauber", die sich nur einen Urlaub leisten können, aber an den Shops nur vorbeigehen. vor allem in hurghada ist das sehr zu spüren.

LG

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Beitragvon Tursiops » Di 19 Dez, 2006 00:06

Hallo nefertiti,

zu 1) Es gibt in vielen Branchen zu viele Anbieter - von Nilschiff bis Tauchbasis. Sie machen sich gegenseitig über Preisdumping kaputt, und nur die Stärksten werden durchhalten. Und in Hurghada dürfte so manches Hotel in den nächsten Jahren in die Pleite gehen oder mit Billigpreisen verrotten, spätestens, wenn 2007 die Russensubventionierung endet.

Viele Billigtouristen: Wundert es dich? Immer mehr AI-Hotels -> simple Rechnung für Fresser und Alkis, die einmal Sonne haben wollen: Malle ist out und macht zunehmend auf edel, Kanaren werden immer teurer, Ägypten bietet AI lowcost außerhalb der Saisons, also Fressen und Saufen bis zum Koma. Und das kann sich selbst der xxxxxxxxxx (muss sowas immer sein @Jo ? EDIT by osiris) noch leisten (mehr aber auch nicht, darunter leiden die Shops).

In Sharm el Sheik ist das passende Gegenstück übrigens outside season der italienische Billigveranstalter Franco Rosso. Dessen weibliche Kunden kaufen zu Hause vor dem Urlaub für 500 Euro Schuhe ein, haben dann aber keinen müden LE übrig, weil ihr Dispo am Limit ist. Wenn sie keinen spendablen Lover finden, haben sie eben Pech! Shit happens!

Fazit: Teile von Ägypten verkommen zum Reiseziel mit einem Image, wie es heute Rimini oder Lloret de Mar hat! Kultur oder Riffe sind da sche***egal.

Jo

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Beitragvon Freetimer » Di 01 Mai, 2007 15:01

Sorry, was bedeutet die Abkürzung LE ?

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Beitragvon Anchese » Di 01 Mai, 2007 15:22

hallo,

das heißt: Livre Egyptienne und das ist die Landeswährung. Man sagt auch ägyptisches Pfund.

Gruß

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Beitragvon seufz » Fr 06 Jul, 2007 12:53

Interessant ist auch die unterschiedliche Verfahrensweise mit dem Bakschisch. Wir mußten unseren Obulus sofort bei Anreise entrichten. Das war aber ok, da genau die angegebenen Nebenkosten eingezogen wurden wie im Prospekt angegeben. Keine Umschläge, keine Sammelkästen .. nichts. Man konnte daher auch nicht mehr geben.
Bezahlung erfolgte für Touren und Trinkgelder in LE oder wahlweise in €.

Grundsätzlich finde ich das als "Kostentransparenz" nicht schlecht, da es nicht bei den deutschen Veranstaltern versandet, sondern das Geld im Land ankommt. Lieber pumpe ich aktiv Entwicklungshilfe ins Land als deutsche Kapitalisten zu unterstützen!

Schade finde ich dieses agressive Fordern von Trinkgeld z.B. bei Kaleschen(organisierte Fahrt), obwohl das Trinkgeld über den Veranstalter kommt und der Kutscher weniger von Luxor wußte als ich.