Salam!
Allerdings. DAS war zumindest für mich die Hammer-Nachricht des Tages! Zunächst stürzten auch für mich alle geliebten und altgewohnten Gedankengebäude ein! Kein Mord! Nanu!
Aber vermutlich wars doch einer!
Wär doch gelacht, wenn wir den ältesten Krimi der Menschheit nicht am Leben lassen könnten!
Aaaalso, ich denk mir das ja so:
Bekanntlich folgte Tut-Ankh-Amun ja nach einer recht bewegten Regierungszeit des "Ketzers" Echnaton auf den Thron, und das unter eigentlich recht merkwürdigen Umständen.
Damals wie heute umschwirrten zumindest zwei sehr illustre und geisterhafte Persönlichkeiten den Thron, der Priester Aja und der General Haremhab. Zwischen diesen vieren entwickelte sich eine Geschichte, wie sie Shakespeare mit King Lear nicht besser hingelegt hat.
Fakt ist aber, und daran ändert auch die neue Erkenntnis nix, daß Aja und Haremhab beide in klarer Opposition zu Echnaton gestanden haben und wohl auch gegen ihn gearbeitet hatten. Man kann, wenn man es denn gut mit ihnen meint, beiden noch engagierte Arbeit zum Wohl des Landes unterstellen, denn als Echnaton "starb", wogten schlimme Unruhen durch das Land und die Grenzen wurden verletzt. Es ist zulässig anzunehmen, daß Echnaton nicht freiwillig den Freitod wählte, sondern, wie auch immer, von Aja und Haremhab dazu getrieben wurde.
Zweiter Akt:
Weder Aja noch Haremhab konnten verwandtschaftliche Verbindungen zum Thron nachweisen, deshalb schieden beide im Rennen um die Doppelkrone aus. Sie hätten (rechtzeitig!) entweder Nofretete oder eine der Töchter heiraten müssen, um einen theoretischen Machtanspruch stellen zu können. Eine Zeit ohne erklärten und akzeptierten König aber war für Ägypten sowohl praktisch wie auch rein religiös / mythisch unakzeptabel, also rannte man völlig aufgelöst durch den Palast und suchte verzweifelt nach irgendjemandem, dem man die Krone auf den Kopf würde werfen können.
Und eben das, was jetzt passierte, dient theoretisch als eines der mächtigsten Argumente GEGEN einen Mord: der einzige, den man finden konnte, war ein wenn auch normal entwickelter aber völlig farb- und bartloser Jüngling: Tut-Ankh-Amun, wie er sich nennen würde.
Wären Aja und / oder Haremhab skrupellose Mörder gewesen, so hätten sie sich rechtzeitig (!) vor dem Mord selbst in die Position zur eigenen Machtübernahme gebracht und sich keineswegs um einen Dritten bemüht! Gerissen und verschlagen waren beide genug!
Weniger Aja, der zu dem Zeitpunkt bereits in fortgeschrittenem Alter gewesen sein muß, wohl aber Haremhab muß Karrieresucht unterstellt werden. Er war nach eigenen Angaben niedrig geboren, hat sich aber in seiner aktiven Militärzeit bereits ein prachtvolles Grab in Saqqara errichten lassen; sein maßgebliches und noch erheblich prachtvolleres aber liegt im Grab der Könige.
Wie wir jetzt wissen, ging dem Tod des jungen Königs ein Unfall mit der Folge eines Oberschenkelbruches voraus; sieht man sich den Knochen eines gesunden und mangelfrei ernährten 19-Jährigen an, so bedarf es durchaus höherer Kräfte, ihn zu brechen. Es muß also wohl ein schwerer Unfall gewesen sein. Was wir vom täglichen Einerlei eines altägyptischen Königs so wissen, wurde er bewacht, gehegt und gepflegt; die Unfallgefahr dürfte minimal gewesen sein. Außer im Training und Unterricht, der klassischen Domänen der Priester ......
Wer sich im Ägyptischen Museum die Hinterlassenschaften des jungen Königs im Bereich "Jagd und Sport" so ansieht vermutet wohl zu recht, daß der Herrscher gut trainiert war; die Geräte tragen eindeutige Spuren häufigen Gebrauchs. Und zumindest noch in diesen Dynastien schien ein perfekt ausgebildeter und trainierter Prinz eine unverzichtbare Grundvoraussetzung für eine mögliche Herrschaftsnachfolge zu sein.
Persönlich vermag ich nicht an eine Machtgeilheit Ajas zu glauben, auch wenn er tatsächlich die Nachfolge angetreten hatte.
Ich vermute hinter allem eher die Umtriebigkeit und schlaue Politik eines Haremhab, einem gnadenlosen Militär mit ziemlich genauer Vorstellung von seinem Lebensweg.
Er wird allerdings wirklich die Vision eines starken Ägypten unter der starken Faust eines starken Regenten gehabt und dabei gar nicht notwendigerweise an sich selbst gedacht haben. Ganz sicherlich war er dem Thron gegenüber absolut loyal, solange er zum Wohle Ägyptens wirkte. Nur so wäre zu erklären, dass er häufiger nicht aufbegehrte, als seine Bitte um militärische Maßnahmen von Echnaton brüsk zurückgewiesen wurde. Da ihm noch nicht einmal mehr grenzsichernde Maßnahmen gestattet wurden, musste er hilflos den ausbrechenden Bürgerkriegen und ausländischen Aggressionen zusehen.
Tut-Ankh-Amun, eigentlich gar kein hoffnungsloser Fall, war zu jung und sein Ruf in der Bevölkerung durch die blutigen Maßnahmen "verbrannt"; Aja, wie gesagt fortgeschrittenen Alters, taugte nicht zu wichtigen und nötigen Impulsen zur Stabilisierung und dem Ausbau des Friedens und der innerägyptischen Wirtschaft.
Vielleicht gilt eher die Frage: wurde Aja vielleicht
auch umgebracht?
Gruß
Nebtaui