Beitragvon Daniel Jackson » Mo 05 Jan, 2015 19:16
Ich bin aus Kairo zurück. Obwohl ich kaum Sightseeing gemacht habe, möchte ich doch kurz berichten.
Sicherheitslage:
Zwar gibt es nach wie vor Nachrichten über kleinere Bomben, die hier und da gefunden werden oder auch teils explodieren. Aber von dieser Bedrohung im Hintergrund merkt man selbst erstmal nichts, solange man nicht gerade zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Im Straßenbild ist die Lage wieder sehr entspannt, man kann auch mitten in der Nacht unterwegs sein. Die Situation hat sich nach meiner Beobachtung her wieder so stabilisiert, dass man unbesorgt herumlaufen kann. Das bestätigen auch meine Freunde vor Ort. Natürlich muss man nach wie vor nicht Goldbehangen allein durch dunkle Gassen gehen, aber für die touristisch interessanten Bereiche liegt wieder alles im grünen Bereich, soweit ich das beurteilen kann. Demonstrationen o.ä. gibt es überhaupt nicht mehr.
Fazit: Aus meiner Sicht spricht nichts mehr gegen einen Urlaub in Kairo. Man muss sich nur des abstrakt erhöhten Risikos bewusst sein, dass es ab und an kleine (handgemachte) Bomben gibt - allerdings bislang nicht an touristischen Zielen; wohl aber in der Metro.
Die allgemeine Lage:
… kann ich nicht so recht beurteilen, dafür war ich nicht lange genug dort und kam nicht genug herum. Mir fiel aber auf, dass sämtliche politische Themen völlig aus den Minibussen/Metro/Öffentlichen Raum verschwunden sind. Man mag das auf verschiedene Gründe zurückführen können. Es fühlte sich für mich fast an wie unter Mubarak.
Besondere Stimmung gegen Ausländer o.ä. habe ich nicht mitbekommen. Im Gegenteil, es gab keinerlei unangenehme Situationen in den Straßen. Ich hatte das Gefühl, dass die Menschen mehr mit sich selbst beschäftigt sind oder sich aus anderen Gründen vor Pöbeleien oder Kommentierungen / nervigem Angequatsche zurückhalten. Es mag daran liegen, dass die Polizei wieder sehr präsent ist und man sich derzeit lieber nicht mit ihr anlegen möchte. Wie in alten Tagen, möchte ich beinahe meinen.
Nach wie vor sind alle Einrichtungen der Sicherheitskräfte extrem befestigt und bewacht. Auch die Metrostation Sadat (Tahrir) ist nach wie vor geschlossen - auch ein Umsteigen war nicht möglich. Man kann daran sehen, dass die Regierung meint, die Lage noch nicht vollends im Griff zu haben (oder aber kein unnötiges Risiko eingehen will).
Touristen:
Das Flugzeug auf dem Hinflug war zu rund ⅓ mit Ausländern besetzt, der Rest Ägypter. Auf dem Rückweg ähnlich. Am Flughafen Kairo waren wieder größere Mengen von Ausländern zu sehen. Im Hotel waren rund ⅓ der Zimmer belegt - das ist noch nicht gut für die Hauptsaison zwischen Weihnachten und Neujahr (normalerweise ausgebucht), aber ein deutlich spürbarer Anstieg der Touristenzahlen im Vergleich zu den letzten Monaten seit Sommer 2013 (im Schnitt 3-5 Hotelbewohner). Auf der Zitadelle waren deutlich erkennbare Touristenströme unterwegs. Kein Vergleich zu früheren Zeiten, aber deutlich mehr, als ein paar vereinzelte Figuren hier und dort.
Fazit: Der Tourismus in Kairo zieht langsam wieder an.
Fotos:
Ich habe vorsichtshalber davon abgesehen, in der Stadt selbst mit Fotoapparat Bilder zu machen. Auch mit dem Handy war ich sehr zurückhaltend. Man muss es nicht darauf anlegen, denke ich und erinnere mich an den "Fall AlexWS". Man muss mal abwarten, wie sich die Lage weiter entwickelt. Weiterhin gilt aber, auf gar keinen Fall Fotos von Militär- oder Polizeieinrichtungen zu machen. Auch öffentliche Gebäude / Metro / Bahnhöfe / Brücken etc. sollte man lieber nicht fotografieren. An Sehenswürdigkeiten aber wohl kein Problem.
Ein Wort zu Mittelägypten:
Ich war selbst nicht dort. Eine Bekannte von mir, deren Familie aus dem Gouvernement Minia kommt, hält einen Besuch von Touristen wieder für möglich. Sie sieht - im Gegensatz zu früheren Aussagen - z.Zt. wieder eine Sicherheitslage, die ok sei. Mittelägypten war ja immer etwas speziell, von daher ist natürlich weiterhin besondere Vorsicht angebracht. Aber ihrer Aussage nach kann man es wieder wagen. Es muss ja nicht gleich die Rucksackreise fernab offizieller Tourismus-Sehenswürdigkeiten sein - füge ich als vorsichtigen Kommentar hinzu.
Preise / Geld:
… kommen wie immer im gesonderten Thema. Da sich das Pfund wieder etwas stabilisiert hat, liegt der Wechselkurs für uns wieder deutlich schlechter als in den letzten Monaten. Das ist anders herum aber auch gut, weil es die Preissteigerungen von Alltagsprodukten wohl bremst. Seit dem Sommer konnte ich keinen Unterschied feststellen - einschränkend sei aber festgehalten, dass meine Produktpalette natürlich überhaupt nicht derjenigen einer ägyptischen Familie entspricht.