Ägypter sind wahre Humorexperten

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Thomas S
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Ägypter sind wahre Humorexperten

Beitragvon Thomas S » Mo 26 Jul, 2004 16:36

Ägypter sind wahre Humorexperten


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Kairo (dpa) - Die Libanesen sind in der arabischen Welt für ihre exquisite Küche berühmt, die Palästinenser für ihren Kampfgeist und die Syrer für ihre fingerfertigen Kunsthandwerker. Doch wenn es um die besten Witze geht, so würde es kaum ein Araber wagen, den Ägyptern den ersten Platz streitig zu machen.

Schon zu Zeiten der Pharaonen hielt man sich entlang des Nils mit Scherzen bei Laune, wie despektierliche Pharaonen-Darstellungen und andere Karikaturen beweisen. Mit «Bes», der halb Zwerg und halb Löwe war, hatten die alten Ägypter sogar einen eigenen Hausgott für Frohsinn.

«Wahrscheinlich haben wir so viel Humor, weil es uns so schlecht geht, schließlich sagt ein arabisches Sprichwort, die Misere bringt uns zum Lachen», meint der Journalist Hischam aus Kairo. Der ägyptische Soziologe Essam Fawzi glaubt, dass das Lachen das Gemeinschaftsgefühl seiner Landsleute stärkt. «Es hilft ihnen auch, mit den vielen Widersprüchen dieser Gesellschaft zu leben», sagt er. Und davon gibt es in Ägypten, wo bittere Armut und protziger Reichtum, islamischer Fundamentalismus und westlicher Lebensstil so nahe beieinander existieren, reichlich.

So erzählen arme Leute, die sich keine Urlaubsreise leisten können, gerne, sie hätten die Ferien auf der «Baumwollinsel» (ihrem Bett) verbracht. Beschwert sich ein Fahrgast im Taxi über eine Kakerlake auf dem Rücksitz, kontert der Fahrer gelassen: «Eigentlich bin ich es, der wütend sein sollte, denn das Mistvieh ist ein blinder Passagier und hat nicht einmal bezahlt.»

Die Geldnot, die junge Menschen vom Heiraten abhält, nahm der bekannte Karikaturist Scharif Arafa kürzlich mit folgender Zeichnung aufs Korn: Ein Mann fragt den Schwiegervater in spe: «Wie wäre es, wenn ich nur die Hälfte des Brautpreises zahlen würde, dafür kommt deine Tochter dann nur Donnerstag und Freitag zu mir?»

Neben den traditionell sehr beliebten politischen Witzen und Scherzen über die Bewohner Oberägyptens («Saidis»), die in der ägyptischen Lachkultur eine ähnliche Rolle spielen wie die Ostfriesen in Deutschland, haben am Nil derzeit auch Sex-Witze Hochkonjunktur. Gern machen sich die Ägypter dabei über die aus ihrer Sicht lockere Sexmoral der Libanesen lustig: «Fragt eine Ägypterin eine Libanesin: Sprichst du eigentlich beim Sex mit deinem Ehemann? Antwort: Nur, wenn er mich dabei anruft.»

Ein neuerer Trend, der wohl mit dem wachsenden religiösen Konservatismus zusammenhängt, sind Witze über religiöse Autoritäten. «Fragt ein islamischer Religionsgelehrter einen ägyptischen Priester: Wie kannst du dir nur diesen neuen Mercedes leisten? Antwort: Bei der Kollekte in der Kirche stelle ich eine Kiste auf, was reingeht, ist für Gott, was daneben liegt, für mich. Kurze Zeit später sieht der Priester den Scheich in einem Hubschrauber und fragt ihn: Wie hast du das denn gemacht? Antwort: Ich lasse die Gläubigen die Almosen jetzt auch in eine Kiste werfen. Was in der Luft bleibt, ist für Gott, und was runterfällt, gehört mir.»

Unter Präsident Gamal Abdel Nasser gab es noch eine eigene Geheimdienstabteilung für regimekritische Witze. Inzwischen haben die politischen Witze etwas an Schärfe verloren, da inzwischen relative Meinungsfreiheit herrscht und nur noch Witze über Präsident Husni Mubarak wirklich tabu sind. Karikaturen über die Regierung sind dagegen überall zu finden.

Gern nehmen die Ägypter auch die unbeliebte Regierung von US-Präsident George W. Bush aufs Korn. So veröffentlichte die regierungsnahe Kairoer Tageszeitung «Al-Akhbar» während der amerikanischen Luftangriffe in Afghanistan, als die USA gleichzeitig Bomben und Lebensmittelpakete abwarfen, eine Karikatur, die einen abgemagerten bärtigen Taliban-Kämpfer zeigt, der auf einem Hügel sitzt und einen Hamburger in der Hand hält. Mit grimmigem Blick schaut er gen Himmel und ruft: «Und wo bleibt das Ketchup, ihr ungläubigen Hundesöhne?»



© dpa - Meldung vom 26.07.2004 14:19 Uhr

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Bes
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Re: Ägypter sind wahre Humorexperten

Beitragvon Bes » Mo 26 Jul, 2004 20:44

Thomas S hat geschrieben:Mit «Bes», der halb Zwerg und halb Löwe war, hatten die alten Ägypter sogar einen eigenen Hausgott für Frohsinn.


Find ich gut. Find ich sogar richtig gut. :biglaught: :biglaught:


Es grüßt ein schmunzelnder
Bes
...auf weinfarbenem Meer segelnd zu anderen Menschen...

Homer, Odyssee, 1. Gesang, Vers 183

nebtaui

Oh ja!

Beitragvon nebtaui » Mi 28 Jul, 2004 12:31

Salam!

Spaßhafte Schlitzohren! Alle! Zwischen Alexandria und Assuan nur schlitzohrige Humoristen.

Mit wieviel Vergnügen erinnere ich mich an soviele zwerchfellerschütternde Begebenheiten in Ägypten! Der Bazari etwa, dem ich zwar einen fairen Preis abgerungen hatte, aber dafür fast zwei Stunden plauderte und lachte. Jeder Passant, der mich verstand (ich sprach englisch), setzte sich hinzu, bekam ebenfalls einen Tee verpasst und steuerte das seine dazu. Tränen haben wir gelacht! Und mehr als einmal drohte der dicke Bazari von seinem Schemel zu kippen, ab und zu drosch er mir seine Hand auf den Rücken.

Die Kamelführer an den Pyramiden! Ich hatte morgens vergessen, ausreichend Zigaretten einzukaufen und war deshalb, einmal das Ticket für das Pyramidenfeld gelöst, ohne Chance welche zu bekommen.
Ich also los und quassele ein paar Kamelführer an; ich würde ganz sicherlich weder Kamel noch Pferd mieten, wohl aber Zigaretten kaufen und wenn es denn sein müsste, auch einzelne. Sie erstarrten kurz, plinkerten mit den Augen, es ertönte ein schriller Pfiff und alle versammelten sich im Kreis. Sie befahlen ihre Tiere nieder und setzten sich in einen Kreis. Ich wurde herbeigewunken. Wer aber jetzt glaubt, ich hätte meine Zigaretten erhalten und wäre dann meines Weges gezogen: Irrtum! Ich wurde aufgefordert, meine Familienverhältnisse darzulegen, vom Wetter in meiner Heimat zu berichten, den Grund meines Aufenthaltes in Ägypten zu erläutern, von meiner Befindlichkeit zu erzählen. Dafür wurde mir die Runde vorgestellt ("Mustafa ist ein schlechter Muslim. Mustafa hat letzte Woche seine Frau geschlagen." Mustafa errötete), jedes Kamel gezeigt ("Das da ist nicht gut. Das wird nächsten Monat geschlachtet. Siehst du die Zähne?"), die örtlichen Siedlungs-Ramadan-Feiern geschildert. Ich bekam Geld aus allen erdenklichen Nationen in die Hand gedrückt um es in ägyptische Pfund umzurechnen und verbrachte hochvergnügt gut eine Stunde im Schneidersitz vor den Pyramiden im Kreise von Kamelen und ihren Führern und begafft von wohl tausend Touristen und einigen argwöhnischen Polizisten. Und es wurde natürlich viel gelacht! Über die dummen "Allemanni", die wohl von Geburt an viel, viel zu viel Geld haben, über die Regierung, die Frauen ......
Als ich mich wieder erhob, hatte ich vier Zigaretten im Sand ausgedrückt und weitere zehn in der Hemdtasche.
Was sie gekostet haben?
Nix.

Humorige Schlitzohren. Alle. Ich liebe sie!

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Beitragvon Isis » Mi 28 Jul, 2004 15:01

salam nebtaui

es ist einfach schön zu lesen das es auch noch andere "touristen" gibt die sich die zeit nehmen und das ganze drum und daran zu erkunden in ägypten.
diese situationen die du schilderst sind schuld daran das es mich immer und immer wieder nach ägypten zieht.
ich kann mich deiner aussage ....Humorige Schlitzohren. Alle. Ich liebe sie! nur anschließen.

ma salama

...isis...