Fünf Jahrtausende in zehn Tagen

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Karnak
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Fünf Jahrtausende in zehn Tagen

Beitragvon Karnak » So 11 Jul, 2004 20:44

Fünf Jahrtausende in zehn Tagen

Pyramiden, Pharaonen, Beduinen, Bakschisch - Freuden und Tücken einer Pauschalreise durch ganz Ägypten, von Kairo über Assuan bis auf den Sinaivon Sönke Krüger


Was ist zu halten von einem Kind, das mit fünf Jahren in der Sandkiste Pyramiden statt Kuchen baut? Das mit sieben Jahren Teddybären und Geschwister zu Mumien wickelt? Dessen Lieblingsbuch, als Elfjähriger, Agatha Christies "Der Tod auf dem Nil" ist? Dieses Kind war ich, und es war verliebt. In Ägypten.


Leider teilten meine Eltern meine Leidenschaft nicht. In den Ferien ging es nach Bad Pyrmont und nicht zu den Pyramiden, statt nach Kairo fuhren wir nach Kärnten. Im ersten Urlaub ohne Familie reichte das Geld nur für zwei Wochen Kreta, danach kam immer irgendwas dazwischen: erst das Studium, dann die Arbeit, schließlich die Serie von Anschlägen islamistischer Terroristen auf europäische Touristen. Ägypten blieb ein Traum.


Bis vor kurzem. Denn gerade war ich dort, in dem Land meiner Kinderträume. Mit dem Erfinder der Pauschalreise, Thomas Cook. Der hatte bereits 1869 die erste Gruppenreise nach Ägypten veranstaltet und in den Folgejahren abertausende Europäer und Amerikaner durch das Land der Pharaonen gelotst. Offenbar mit Erfolg: Anders ist nicht zu erklären, dass Ende des 19. Jahrhunderts die gesamte Dampferflotte auf dem Nil zum Cookschen Imperium gehörte, was dem längsten Fluss der Welt den Beinamen "Cook's Canal" eintrug. Sogar gekrönte Häupter buchten ihr Ägypten-Abenteuer beim Pauschal-Pionier: der deutsche Kaiser und der russische Zar, der Schah von Persien und der Prinz von Wales.


Bei derlei Referenzen lag es nahe, gleich eine Premiumrundreise zu buchen, und zwar "Niltal und Sinai - antike Weltwunder und Beduinen". Die versprach so viel Ägypten wie möglich in so kurzer Zeit wie nötig: Kairo und Giseh, Assuan und Luxor, Sharm Al Sheik und das Rote Meer in anderthalb Wochen. Oder anders gezählt: drei Fünfsternehotels, drei Tage Nilkreuzfahrt, drei Inlandsflüge und so ziemlich alle Sehenswürdigkeiten des Landes.


Erste Etappe:


Kairo und die Pyramiden


Könige und Kaiser sind nicht an Bord des Egyptair-Fluges von Frankfurt nach Kairo, dafür aber 13 Teilnehmer der Premiumrundreise. Die Zahl und die dazugehörigen Namen wurden jedem Einzelnen im Vorfeld zugeschickt. Und so sieht man immer wieder neugierige Blicke durch das Flugzeug schweifen, jeder fragt sich: Welches Gesicht gehört zu welchem Namen? Mit wem muss ich die nächsten Urlaubstage verbringen?


Die Auflösung erfolgt direkt nach der Landung in Kairo, das sich bereits in Dunkelheit gehüllt hat. Alle 13 scharen sich um einen jungen Mann mit Thomas-Cook-Schild. Erleichterung macht sich breit: Die Reise wird kein Seniorenausflug. Es ist nur ein Paar um die sechzig in der Gruppe, der Rest ist zwischen Ende zwanzig und Anfang vierzig. Ein Kind ist auch dabei, das während des ganzen Fluges seelenruhig geschlafen hat.


Am nächsten Morgen ist besagtes Kind, ein Knirps von zweieinhalb Jahren, hellwach. Und begeistert von der ersten Station, dem Ägyptischen Museum. Die Klunker und Figuren in den Glasvitrinen gefallen ihm, ebenso die Maschinengewehre der Wärter und die langen Gänge zwischen Sarkophagen und Obelisken, durch die sein Aufziehauto mit Höchstgeschwindigkeit rauscht. Ein ähnliches Tempo legen auch wir Premiumpauschalisten an den Tag: Kaum zwei Stunden haben wir für die etwa 100 Säle mit über 100 000 Exponaten aus fünf Jahrtausenden.

Fortsetzung unter folgendem Link:
http://www.wams.de/data/2004/07/11/302443.html?s=1

Quelle: Welt am Sonntag online